Berufskrankheit Pleuramesotheliom

Prim. Dr. Barbara Machan, AUVA – Rehabilitationsklinik Tobelbad

Das Pleuramesotheliom war bis vor ca 20 Jahren ein sehr seltener Tumor. Seit Mitte der 1990er Jahre kommt es Österreich- und weltweit zu einem sehr deutlichen Anstieg der Erkrankungszahlen. Ursache dafür ist, dass die ganz überwiegende Zahl aller Pleuramesotheliome speziell bei Männern durch beruflichen Asbestkontakt verursacht ist.

Asbestkontakt als Ursache

Asbest ist ein faserförmiges, in der Natur vorkommendes Mineral, das über spezielle Eigenschaften verfügt. Es ist unter anderem hitzebeständig, unbrennbar, zugfest, kann als Isolierstoff verwendet werden, die extrem dünnen Fasern können auch versponnen und zu Textilien verarbeitet werden. Eigenschaften, die Asbest für die industrielle Nutzung so besonders attraktiv machten, sind genau die, die die große Gefährdung für die menschliche Lunge bedeuten. Die außerordentlich feinen Asbestfasern können bis in die Lungenbläschen und weiter bis ans Rippenfell gelangen, können dort aufgrund ihrer Beständigkeit (Biopersistenz) verbleiben, chronische Entzündungsreaktionen bewirken und Jahrzehnte nach der asbestbelasteteten Tätigkeit bösartige Tumore wie das Pleuramesotheliom verursachen. Die längsten in der medizinischen Literatur beschriebenen Latenzzeiten zwischen Asbestexposition und der Diagnose eines Pleuramesothelioms liegen zwischen 60-70 Jahren, im Schnitt zwischen 30-40 Jahren.

Die Blütezeit der industriellen Asbestverwendung in Österreich nahm ihren Anfang in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, insbesondere in den 1960er Jahren und 1970er Jahren waren bis zu 3000 asbesthältige Produkte im Einsatz, vom Isoliermaterial über Hitzeschutzkleidung, Bremsbeläge bis zu Dachziegeln, Blumentrögen und Rohrleitungen aus Eternit.
Mittlerweile ist (seit 2005!) die Produktion und Verwendung von Asbestprodukten in der gesamten EU verboten, während die Asbestproduktion weltweit leider weiterhin zunimmt. In Österreich ist seit der gesetzlichen Asbestverordnung 1990 bzw. der generellen Umsetzung des Asbestverbots 1993 der Umgang mit Asbest auf Abtragungs- und Sanierungsarbeiten beschränkt, welche sehr strengen Auflagen zum ArbeitnehmerInnenschutz unterliegen.
Dem gegenüber steht – entsprechend der langen Latenzzeit- eine steigende Zahl ehemals exponierter Arbeitnehmer/innen, die an asbestinduzierten bösartigen Tumoren wie dem Pleuramesotheliom erkranken. Nach den derzeitigen Berechnungen wird der Erkrankungsgipfel zwischen den Jahren 2015 bis 2020 erwartet.

Wer ist gefährdet, am asbestbedingten Pleuramesotheliom zu erkranken?

Asbestfasern finden sich als Hintergrundbelastung in der Umwelt. Diese Umweltbelastungen sind im Allgemeinen sehr gering und bedeuten kein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Erkrankungen am asbestbedingten Pleuramesotheliom treten ganz überwiegend bei Menschen auf, die beruflich- und dadurch in viel höherem Ausmaß- gegenüber Asbest exponiert waren. Die Dauer der Asbestexposition spielt für die Entstehung des Pleuramesothelioms keine so große Rolle. So sind Menschen erkrankt, die nur für kurze Zeit z.B. als Ferialpraktikanten in Asbestfirmen große Fasermengen eingeatmet haben. Auch Angehörige von Asbestarbeitern waren gefährdet, wenn sie mit Asbeststaub in Kontakt gekommen sind (z.B. beim Ausschütteln und Reinigen von verschmutzter Berufskleidung).
Asbestfasern waren und sind dann gefährlich, wenn sie freigesetzt und so inhaliert werden können. Diese Gefahren betreffen in besonderem Maße die so genannten lose gebundenen Asbestprodukte wie Asbestschnüre, Asbestmatten und besonders Spritzasbest, der als Brandschutz aufgespritzt wurde, allerdings schon seit 1979 in Österreich verboten ist. Die Gefahren durch fest gebundene Asbestprodukte (z.B. alte Eternitziegel) sind dann gegeben, wenn sie zerstörend bearbeitet werden- weshalb auch heute noch bei dem Abtragen und der Sanierung von alten Eternitdächern besondere Vorsicht geboten ist.

Berufskrankheit Pleuramesotheliom

Bösartige Erkrankungen des Rippenfells, des Bauchfells und des Herzbeutels durch Asbest werden in Österreich als Berufskrankheit anerkannt. Voraussetzung dafür ist, dass berufliche Exposition gegenüber Asbeststaub gegeben war. Die Dauer dieser Tätigkeit spielt dabei keine Rolle, auch kurzzeitige Arbeit mit Asbestkontakt reicht für die Anerkennung aus. Wichtig ist, dass es sich um eine versicherte Tätigkeit gehandelt hat. In diesem Sinn gibt es in Österreich leider keine gesetzliche Grundlage für eine Entschädigung z.B. der erkrankten Ehefrauen von Asbestarbeitern.
Wenn der Verdacht auf das Vorliegen eines asbestbedingten Mesothelioms besteht, ist jeder Arzt, jede/Ärztin, der davon Kenntnis hat, verpflichtet, der Unfallversicherung (in den meisten Fällen ist dies die AUVA) diesen Verdacht zu melden. Auch in Fällen, bei denen die Asbestexposition zunächst nicht so sicher erscheint, wird seitens der AUVA die Meldung dringend empfohlen, da sich oft erst im Zuge weiterer Recherchen die berufliche Exposition bestätigt.
Die AUVA ist sehr darum bemüht, alle Verdachtsfälle so rasch wie möglich zu behandeln. Wenn eine Anerkennung als Berufskrankheit erfolgt, so stehen dem Versicherten Leistungen aus der Unfallversicherung zu, die neben Rentenzahlungen an den Betroffenen u.a. Unterstützungen im häuslichen Leben mit Hilfsmitteln, Kostenübernahmen für Sauerstofflangzeittherapien und medizinische Rehabilitationsangebote umfassen. Sollte der Versicherte am Mesotheliom versterben, gibt es auch Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen.
Schon aus diesem Grund ist die Meldung der Berufskrankheit an den zuständigen Unfallversicherungsträger von besonderer Wichtigkeit.

Weitere Angebote für Mesotheliompatienten/innen- das Nachsorgeprogramm für Asbestexponierte

Schon seit zehn Jahren gibt es in Österreich im Auftrag der AUVA ein Nachsorgeprogramm für Menschen, die früher beruflich durch Asbeststaub belastet waren. Dazu wurden vom BBRZ Österreich „Beratungszentren für Menschen mit beruflicher Asbestexposition“ eingerichtet, die für Erkrankte und deren Familienangehörige als Anlaufstelle dienen. Speziell ausgebildete BeraterInnen (Case ManagerInnen) erstellen einen individuellen Hilfeplan, der sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert und organisieren Unterstützungsleistungen wie Hilfe bei Behördenwegen, psychologische Beratungen und Vernetzung mit Pflege- und Hospizorganisationen. Die BeraterInnen klären die Bedürfnisse auch im Rahmen von Hausbesuchen ab, wenn Erkrankte nicht in der Lage sind, eines der Beratungszentren aufzusuchen. Die Beratungszentren (Wien, Linz, Vöcklabruck, Kapfenberg, Klagenfurt und Innsbruck) sind unter der österreichweiten Serviceline mit der Nummer 0820 820 100 (zum Ortstarif) erreichbar. Weitere Informationen finden Sie unter www.asbestberatung.at.

Link zur Berufskrankheitenmeldung:
http://www.auva.at/mediaDB/%C3%84rztliche%20Meldung%20eine%20Mesothelioms.pdf